Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften

Neubau des CMS Spurdetektors und generische Entwicklung von Siliziumdetektoren

Im Zentrum der großen Detektoren in der Teilchenphysik finden sich fast ausnahmslos Pixeldetektoren aus Silizium. Diese Detektoren messen einzelne Punkte der Teilchenbahnen mit höchster Auflösung und liefern so die Grundlage zur Bestimmung von Teilchentypen und -impulsen, aber auch zur Zuordnung der Teilchen zu ihren jeweiligen Wechselwirkungspartnern.

Um eine immer größere Präzision der Resultate zu erreichen, werden stetig Pixeldetektoren mit besserer Ortsauflösung, möglichst geringer Dicke, höherer Strahlenhärte und mehr eingebauter Logik entwickelt. So sind die derzeit im Bau befindlichen Siliziumdetektormodule für den Neubau des CMS Spurdetektors zusätzlich zur Spurmessung inhärent in der Lage, anhand des Durchgangswinkels Teilchen mit hohem Transversalimpuls in derart kurzer Zeit zu identifizieren, dass diese Information zur Selektion der im übrigen Detektor ausgelesenen Daten verwendet werden kann.

Gleichzeitig rüstet sich die Community für zukünftige Herausforderungen: Neue Technologien werden erforscht, wie zum Beispiel monolithische Sensoren, Detektoren, die im Gegensatz zu herkömmlichen Siliziumdetektoren das aktive Sensormaterial und Ausleseelektronik in einem Chip vereinen. Dies ermöglicht den Bau extrem dünner Sensoren und ist so eine attraktive Alternative im Hinblick auf zukünftige Kollisionsexperimente an Elektron-Positron-Collidern.

Laufende Projekte im Bau und in der Entwicklung von Siliziumdetektoren

Das CMS Experiment ist eines der Experimente am Large Hadron Collider des CERN. Ein Detektorsystem von 21 m Länge und 15 m Durchmesser und über 14 000 Tonnen schwer ist das Herzstück des Experiments, in dessen Zentrum Teilchen zur Kollision gebracht werden. Um den Wechselwirkungspunkt herum bestimmen Spurdetektoren die Bahnen der vielen Teilchen, die in einer solchen Kollision entstehen. Diese mehrlagigen Spurdetektoren basieren auf Pixel- und Streifendetektoren aus Silizium und bemessen sich auf eine Gesamtfläche aus Siliziumsensoren von ungefähr 200 m2.

In den kommenden Jahren wird der LHC rundum erneuert und für die sogenannte Phase des High-Luminosity LHC ausgestattet. Durch diesem Umbau wird es möglich sein, die Luminosität, und damit die Anzahl an Wechselwirkungen in den großen Experimenten, um einen Faktor von bis zu sieben zu erhöhen.

Zeitgleich mit dem Beschleuniger müssen die Detektoren aufgerüstet werden, um diesen hohen Teilchenraten standzuhalten. In diesem Zuge wird der Spurdetektor des CMS Experiments vollständig erneuert. Hierfür werden, über Forschungseinrichtungen und Universitäten der ganzen Welt verteilt, neue Detektoren entwickelt, gebaut und zu einem vollständigen Detektor integriert.

Ein neuartiges Detektorkonzept ermöglicht es, in kürzester Zeit Teilchenbahnen mit hohem Transversalimpuls zu identifizieren und diese Information zum Trigger, der Selektion interessanter Ereignisse, beizutragen. Die Produktion dieser Module unter hochreinen Bedingungen verlangt eine neue Dimension an Präzision und damit die Entwicklung neuer Produktionsprozesse. Die Integration vieler Module zu einem vollständigen Detektor, der leicht, stabil und gleichmäßig gekühlt sein muss, steht dem in nichts nach.

Beteiligte Wissenschaftler:
Dr. Paul Schütze
M.Sc. Daniil Rastorguev

Was kommt nach dem LHC? Diese Frage beschäftigt die Welt der Teilchenphysik seit einiger Zeit. Eine eindeutige Antwort ist jedoch noch nicht gefunden. Was wir jedoch wissen, ist, dass es Entwicklungen in den Detektortechnologien bedarf, um die potentiellen, zukünftigen Experimente bestmöglich auszustatten und das Beste aus Kollisionsexperimenten herauszuholen.

Ein Zweig dieser Forschung beschäftigt sich mit neuartigen Pixeldetektoren aus Silizium, sogenannten CMOS oder monolithischen Sensoren. Im Gegensatz zu sogenannten Hybrid-Detektoren, bei welchen der Sensor getrennt von der Ausleseelektronik entwickelt und produziert, und im Anschluss mit diesem leitend verbunden wird, wird in monolithischen Sensoren die Ausleseelektronik in denselben Siliziumwafer integriert. Dies erlaubt es, extrem dünne Siliziumdetektoren herzustellen, sodass die negativen Auswirkungen der Vielfachstreuung auf die Spurrekonstruktion reduziert werden. Es  ist Gegenstand derzeitiger Forschung, die Ortsauflösung solcher Detektoren durch die Anpassung der Dotierung zu optimieren, sowie die Logikdichte in diesen Sensoren zu erhöhen, um mehr Informationen aus den Teilchenpassagen herauszuholen.

Beteiligte Wissenschaftler:
Dr. Paul Schütze
M.Sc. Daniil Rastorguev

Für die Entwicklung neuartiger Siliziumdetektoren ist es heutzutage unablässlich, sich der Simulation solcher Geräte zu bedienen. Längst wurde das Design dieser Sensoren derart komplex, dass eine reine theoretische Beschreibung und eine analytische Optimierung kaum mehr möglich sind, gleichzeitig ist die Produktion von Detektorprototypen kostspielig und langwierig. Deshalb sind Simulationen der Detektorperformance von großer Bedeutung und für den Entwicklungsprozess unablässlich.

In enger Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen entwickeln wir ein Simulationstool für die Simulation von Halbleiterdetektoren aller Art: Allpix Squared. Diese Software, offen zugänglich für  und genutzt von Wissenschaftlern weltweit, ermöglicht es gleichzeitig, die Antwort von Halbleiterdetektoren auf ionisierende Strahlung im Detail zu untersuchen, sowie größere Experimente, bestehend aus einer großen Zahl an Detektoren, zu simulieren.

Basierend auf den Anforderungen und Anwendungen internationaler Nutzer, entwickelte sich das Framework schnell von einer Simulation von planaren Siliziumdetektoren bis hin zu einer flexiblen Software, mit welcher verschiedene Sensormaterialien, verschiedene Sensortypen wie LGAD Sensoren, aber auch verschiedene Geometrien, wie z.B. 3D-Detektoren oder hexagonale Sensoren studiert werden können.

Beteiligte Wissenschaftler:
Dr. Paul Schütze

zuletzt bearbeitet am: 02.09.2022

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